Für wen male ich eigentlich?

Es gibt Tage, da arbeite ich voll Ernst und Euphorie an meinen Bildern und vergesse alles um mich. An anderen Tagen bin ich voller Zweifel, warum und wofür das Malen eigentlich gut sein soll - denn neben viel Freude macht Kunst auch einfach viel Arbeit. Dann versuche ich zu erforschen, warum ich das eigentlich mache.

 

Früher habe ich still für mich gemalt und war zufrieden, wenn ich etwas geschaffen hatte, mit dem ich ganz und gar eins war. Meine Bilder waren wie Selbstgespräche, wie Antworten auf große Fragen. Mir kam nicht in den Sinn, das dies für Andere interessant sein könnte. Erst in den letzten Jahren wuchs in mir der Impuls, meine Bilder überhaupt zu zeigen. In Gesprächen mit Besuchern meiner Ausstellungen wurde mir klar, dass sich etwas verändert hat.

 

Mir ist klar geworden, dass ich meine Bilder FÜR Menschen male, für euch. Die Menschen, die meine Bilder betrachten, die sich berühren lassen, die sich trauen zu verweilen, genau hinzuschauen, die darin spazierengehen und dann irgendetwas darin finden, was sie im Inneren bewegt - angenehm oder unangenehm. Etwas, das irgendwie "die Wahrheit ankratzt", wie das mal ein Gast meiner Homepage formulierte.

 

Malst Du etwas Bestimmest, überlegst Du Dir vorher, was es werden soll? werde ich oft gefragt. Nein. Für mich ist das so: Ich sitze an meinem Zeichentisch und greife mit meiner Zeichenhand ins Universum. Oder das Universum greift nach mir. Und was ich dann in den Händen halte, das fließt in meine Zeichnungen. Mit allem Schmodder und aller Großartigkeit. Schönheit. Grazie. Erotik. Schmerz. Ängste. Leidenschaft. Ungewöhnliche Begegnungen. Deformation. Anmut. Frieden. Kampf. Und alles dazwischen.

 

Zeichnen an sich habe ich gelernt, mit Farben umzugehen, verschiedene Techniken, formale Gesetzmäßigkeiten. Das alles fließt von selbst mit ein, weil es mein Handwerkszeug ist. Aber was inhaltlich entsteht, das ist nicht durchdacht, das kommt einfach zu mir, ist Ausdruck meiner Welt, meiner Sicht der Wahrhaftigkeit. Eigentlich male ich nicht unsere Welt.

Sondern die Welt erscheint in meinen Bildern.